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Textgroesse

Die Katholische Pfarrkirche St. Andreas in Gisingen

KirchAusDerLuft

[...]In der Mitte des Dorfes reckt sich der Turm der katholischen Pfarrkirche St. Andreas in die Höhe, er wurde 1960 neben der neuen Kirche errichtet. Von Gisingen als Pfarrei erfahren wir durch ein 1360 erstelltes Verzeichnis, das im Zusammenhang mit geleisteten Abgaben für den päpstlichen Stuhl auch berichtet, dass die Pfarrei Gisingen schon im Jahre 1075 bestanden habe.

1743 wird eine Kapelle genannt. Ein einfacher, geosteter Kapellenbau - ein schlichter Saal von drei Fensterachsen mit dreiseitigem Abschluss und einem kleinen viereckigen Dachreiter auf dem Satteldach - stammte wohl aus dem frühen 19. Jahrhundert. Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert war er für die wachsende Gemeinde zu klein geworden, weswegen man 1912 eine Empore einzog, die 1936 erweitert werden musste. In den 1950er Jahren beschloss die katholische Gemeinde, die nun endgültig zu eng gewordene Dorfkirche durch einen größeren Kirchenbau zu ersetzen. Das neue Gotteshaus wurde nach dem Entwurf des Saarlouiser Architekten Alois Havener (1901-1981) errichtet und konnte am 16. Oktober 1960 geweiht werden. Indessen diente die alte Kapelle noch einige Jahre als Jugendheim, bis sie 1969 abgebrochen wurde.

 

Havener entwarf eine Saalkirche unter flachem Satteldach, die wie die alte Kapelle geostet ist und mit dem Giebel zur Straße steht. Von der 21 Meter breiten westlichen Giebelseite verjüngt sich das Gebäude über eine Länge von 26 Meter bis zu einer Breite von 19 Meter an der östlichen Giebelseite. Der Kirchensaal bietet Raum für mehr als 400 Sitzplätze. Während die Kirche außen verputzt und gestrichen ist, wird der Eindruck im Inneren durch die roten Sichtklinker der Wände und die Holzlatten der Decke bestimmt. Helle, nüchterne Pfeiler und Träger aus Stahlbeton gliedern und rhythmisieren den Raum. Auf der Türsturzhöhe der beiden Eingänge unterbricht eine Rollschicht den gleichförmigen Läuferverband des Ziegelmauerwerks und teilt die Wand in eine niedrigere untere und eine höhere obere Zone. Licht strömt von außen durch die fünf großen, auf der Rollschicht zwischen die Pfeiler der Südwand gesetzten Fenster und durch das mittige Fenster der Westwand, das vom Boden bis zur Decke reicht und von der Orgelempore überschnitten wird. Die farbigen Fenster stammen von Robert Köck (*1924), dem Pater Bonifatius der Benediktinerabtei Tholey. Dem hohen Ostfenster entspricht die flache Altarnische der Westwand, auf die der leicht konisch geschnittene Innenraum zuläuft. Die nach oben giebelförmig abschließende, hell verputzte Nische wird indirekt beleuchtet, sie dient als Hintergrund für Tabernakel und Altar und nimmt einen großen, höheren Kruzifix auf.
Die Nordwand ist geschlossen. Oberhalb der Rollschicht fanden Heiligenfiguren aus der alten Kapelle eine neue Aufstellung. Unterhalb wurde der von dem Bildhauer Heinz Oliberius (1937-2001) geschaffene Kreuzweg angebracht, der an der Südwand unter den Fenstern beginnt und sich an der Nordwand fortsetzt.

Der Außenbau wird bestimmt durch glatte Wandflächen, die durch die farblich abgesetzten Betonpfeiler rhythmisiert und durch die Fenster unterbrochen werden, die ihrerseits durch schlanke Vierkantstützen aus Stahlbeton gegliedert und getacktet werden. Vom Kirchengebäude nach Norden abgerückt, erhebt sich an der Straße der ca. 26 Meter hohe, fensterlose Turm. Der Gliederung der Kirchenfenster vergleichbar, sind die Schallöffnungen für die Glocken durch schlanke Vierkantpfeiler rhythmisiert und bilden einen filigranen oberen Abschluss.
Kirche und Turm sind durch einen überdachten Gang miteinander verbunden, der zugleich die östliche Umfriedung eines dreiseitig von Arkadengängen umfangenen Besinnungshofes bildet. Daneben entstand 2006 ein kleiner öffentlicher Garten, der wie der nahe gelegene Garten von „Haus Saargau" ein Entwurf der Initiatorin von „Gärten ohne Grenzen", Hella Kreiselmeyer, ist. Das Hanggrundstück mit der Stelle, auf der ehemals die Kapelle stand, ist vorwiegend mit Hainbuchen, Hortensien und Efeu bepflanzt. Zwei kleine Sitzplätze laden ein zum Verweilen, ein Weg führt zum Besinnungshof, der in Klarheit und konzentrierter Ordnung gestaltet wurde.

Mittelpunkt der beinahe klösterlichen Anlage bildet der Sandsteinsockel des alten Kreuzes der abgerissenen Kapelle. Er zeigt in erhabenem Relief die Darstellung einer Pieta. Darum gruppieren sich viereckige, je vierfach durchbrochene Reihen aus Buchsbaum, die Flächen dazwischen sind mit hellem Kalksteinsplitt belegt.

Als für einen bronzenen Kruzifix von Leo Kornbrust (*1929) ein neuer Platz gesucht wurde, fiel die Wahl auf diesen Ort der Ruhe und Besinnung - Nahtstelle zwischen Architektur und Natur, Kirche und Dorf, sakralem und öffentlichem Raum. Das Kreuz hängt im südlichen Arkadengang des Besinnungshofes an der Nordmauer der Kirche.

(Text: Oranna Dimmig)

 

Der Kreuzweg von Heinz Oliberius

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[…] Oliberius' Werk ist um 1968 datiert und damit zeitlich drei Jahre nach seinem Studium bei Hans Mettel und ein Jahr nach seinem Umzug ins Saarland zu verorten. Der Relief-Kreuzweg besteht aus 14 Stationen, die symmetrisch an den beiden gegenüberliegenden Kirchenwänden angebracht sind, d. h. die sieben ersten Stationen auf der rechten Seite, die sieben folgenden auf der linken Seite. Es handelt sich um Bronzearbeiten, die auf einem Holzuntergrund aufgebracht sind.
In seiner Komposition verzichtet Oliberius bewusst auf narrative Elemente und schmückendes Beiwerk. Er beschränkt sich bei jeder Station auf die Hauptfiguren, d. h. es wird weder die schaulustige Menge am Wegesrand, noch werden Soldaten dargestellt, so dass die Höchstzahl der Figuren auf drei beschränkt ist. In dieser bewussten Reduktion auf das Wesentliche gelingt es Oliberius die Aufmerksamkeit des Betrachters zu bündeln und in konzentrierter Form auf das Geschehen, den Leidensweg Jesu, zu lenken. Dementsprechend lässt Oliberius seine Protagonisten dem Betrachter nicht im Profil begegnen, sondern wählt mehrheitlich eine frontale Darstellungsweise und zeigt die Figuren nur selten, beispielsweise bei der vierten Station (Begegnung mit der Mutter) mit einer leichten Drehung des Kopfes, so dass sie im Halbprofil erscheinen. Auf diese Weise scheint es, als wenden sie sich direkt an den Betrachter, „sprechen" ihn direkt an und fordern ihn auf, in einen intensiven Dialog mit ihnen zu treten. Gerade diese Unmittelbarkeit in der Darstellung ist es, die bei jeder Station zum Verweilen anhält. [...] Die Reduktion auf das Wesentliche behält Oliberius auch in der Figurenbildung bei. Bei der Gestaltung der Gesichter wurde auf jedes porträthafte Charakteristikum verzichtet: Augen, Nase und Mund sind als geometrische Formen gestaltet, wodurch sich Parallelen zu den Steh- und Sitzfiguren aus Oliberius' Studienzeit bei Mettel ergeben. Auffallend ist auch, dass die Gesichtszüge der Figuren stellenweise „zerklüftet" wirken, wie beispielsweise bei der Simondarstellung (vierte Station). Formal schafft Oliberius damit eine Verbindung zum Hintergrund. Ebenso wie die Gewänder der Figuren ist dieser nicht als homogene Fläche gestaltet, sondern erscheint aus einzelnen Teilen zusammengesetzt, die den Eindruck erwecken, als können sie gegeneinander verschoben werden bzw. als drohten sie auseinanderzubrechen. Auf diese Weise entsteht ein Gefühl von Bewegung. [...] Der Betrachter verliert sich nicht in Einzelheiten und die Identifikation mit dem Leidenden wird vereinfacht. Alois Peitz fasst diese Wirkung treffend zusammen: „Die blockhaften Figuren, noch im Material verhaftet, mehr drin als herausgelöst, sind keine Individuen. Sie stehen generell für etwas: der Gestürzte für alle Gestürzten, die beiden Frauen für alle, die Anteil nehmen... Die Figuren sind Zeichen, Symbole."

(Text: Sandra Brutscher)

 

Zum Bronzekruzifix von Leo Kornbrust

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Nach vielen Stationen hat das 1959 entstandene Bronzekruzifix nun an der Außenfassade der Katholischen Kirche im Wallerfanger Ortsteil Gisingen seinen Platz gefunden. Umgeben von einem Innenhof, der wie ein Kreuzgang anmutet, verwandelt das Kreuz mit dem leidenden Corpus Christi diesen kleinen Garten, diesen Ort der Stille, zu einem Raum der Andacht.

Geschaffen hat Leo Kornbrust dieses Kruzifix während seines Aufenthaltes in der Villa Massimo in Rom. Zu dieser Zeit hatte er die Münchner Akademie bereits seit zwei Jahren
verlassen und war nun in einer Phase des Experimentierens, auf dem Weg, sich immer weiter vom prägenden Einfluss seines Lehrers zu lösen. Im Laufe des Studiums blieb die
menschliche Figur das zentrale Thema, doch der reine Abbildcharakter trat mehr und mehr zurück, die Proportionen waren nicht mehr ausschließlich dem menschlichen Körper verhaftet, sondern begannen sich zu verselbstständigen.

Es wird vielen unbekannt sein, dass Leo Kornbrust sich mit religiösen Themen beschäftigt hat. Zwar bilden diese Arbeiten im Hinblick auf ihre Symbolhaftigkeit sicherlich eine
Sonderstellung im Oeuvre, es sei jedoch erwähnt, dass Leo Kornbrust 1963 einen Kreuzweg entwarf, dessen Stationen entlang eines Fußweges in der Landschaft um Tholey aufgestellt werden sollten. Seine Idee war es, durch unterschiedliche Setzung von Sandsteinblöcken den Leidensweg Jesu Christi in eine einfache und zugleich eindringliche Formensprache umzusetzen. Bedauerlicherweise wurde dieses Projekt nicht realisiert, die Idee der Kreuzwegstationen im Sinne von Skulpturen, die in der Landschaft platziert und durch einen Weg miteinander verbunden sind, hat er in den 1970er Jahren wieder aufgegriffen, als Initiator der heutigen „Straße des Friedens".

(Text: Katja Hanus)

 

Zu den Fenstern von Robert Köck

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In den ersten Jahren nach der Weihe der Kirche St. Andreas waren die großen Wandöffnungen in der Süd- und Ostwand schmucklos verglast. Dies änderte sich 1969 mit dem Einbau der beiden großen, farbigen Fensterbilder von Robert Köck. Robert Köck - Pater Bonifatius in der Benediktinerabtei St. Mauritius zu Tholey - hatte sich in den Jahren zuvor durch verschiedene künstlerische Arbeiten für den sakralen Raum einen Ruf erworben. Wohl am bedeutendsten für das Saarland sind seine 1959-61 ausgeführten Entwürfe für die Maßvverkfenster in der Benediktinerabteikirche zu Tholey, einem Kirchenbau der Frühgotik. „Entscheidende Impulse zur Klärung der eigenen Bildvorstellungen gingen von den Fenstern Georg Meistermanns in der Sepultur am Würzburger Dom vom Jahre 1956 aus", schreibt Robert Köck im Rückblick. Bei der Realisierung seiner Entwürfe für St. Andreas in Gisingen versicherte sich Köck der Zusammenarbeit mit Hans Bernhard Gossel. Gossel hatte von 1956 bis 1966 die Klasse für Glasmalerei im Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt/Main geleitet und 1960 in der Nähe von Frankfurt am Main eine Firma für Glasmalerei gegründet, die viel für das Atelier von Georg Meistermann arbeitete.
In der Gisinger Pfarrkirche schloss Robert Köck das fünfteilige Fensterband der Südwand zu einem einzigen großen Bildfeld zusammen, das von den Wandpfeilern und dem Stabwerk überschnitten wird.
Thema der Darstellung ist der 23. Psalm: -.. Der Herr ist mein Hirte, / nichts wird mir fehlen. Er lässt mich lagern auf grünen Auen / und führt mich zum Ruheplatz am Wasser." Im Osten und zugleich in der Leserichtung von links nach rechts entspringt Wasser einem braunen Felsen und zieht sich als ganz sanft gewelltes, helles Band mittig durch das gesamte Bild. Der silbrige Bach durchströmt grüne Weiden, auf denen Schafe grasen, ruhen oder ihren Durst am Ufer löschen. Alternierende rote und blaue Farbflächen rahmen die Darstellung am unteren und oberen Bildrand ein. Zusammengesetzt ist das Bleiglasfenster aus farbigen, amorph-kurvig geformten Scheiben: schmale, lanzett- wellenförmige Stücke für das Wasser, größere, wolkig-schollenförmige für die grünen Auen und die Schafe. Als Thema für die Gestaltung des Westfensters, durch das vor allem die kräftigen Strahlen der Nachmittags- und Abendsonne fallen, wurden die ersten Verse aus dem 3. Kapitel des Buches Exodus gewählt: Gott erscheint Moses im brennenden Dornbusch. Auch bei diesem Bildentwurf überläuft Köck die Parzellierung des Fensters - in diesem Falle wird das stabwerkige Fenster durch die Empore geteilt - und nimmt die Wandöffnungen als eine einzige, große Bildfläche. Ist die Komposition des breiten Südfensters horizontal orientiert, passt sie sich hier der vertikalen Ausrichtung der schmalen Fensterform an. Eine in bräunlichen Farben gehaltene Fläche aus schuppig angeordneten amorphen Formen wird links und rechts durch schmale blaue Farbbänder gefasst. Sie bildet die Folie, auf der sich unter der Empore die Darstellungen des Moses und über der Empore des Dornbusches entfalten. Moses ist in einer Haltung des Erschreckens wiedergegeben.
Dunkel gekleidet, heben sich vorwiegend Kopf, Hände und die entblößten Füße der Figur von dem felsig-erdenhaften Hintergrund ab. Dieser dunklen Gestalt setzt der Künstler einen hellen Busch entgegen, aus dessem silbrigen, knorrigen Dornengeäst die Flammen in leuchtend roten und orangen Farbtönen sprühen.
Bei der bildnerischen Umsetzung des Moses vor dem brennenden Dornbusch greift Köck auf das traditionelle Mittel der figürlichen, erzählenden Darstellung zurück, wählt jedoch einen neutralen, flächig-abstrakten Hintergund für die Szenerie. Das Südfenster, in dem sich ein Silber-graues Band durch eine grüne Fläche zieht, erscheint zunächst als abstraktes Bild. Erst bei näherer Betrachtung lösen sich die Figuren der Schafe aus ihrem wolkig-grünen Hintergrund, lassen auf diese Weise im Kopf des Betrachters die abstrakten Formen und Farben sich zu einer Landschaft zusammensetzen. Die ausgewählten Bibelstellen passen zu dem dörflichen Umfeld der Kirche, einzelne Motive wie Wasser, Weiden, Fels und Gebüsch zu der Landschaft des Saargaus. Dies dürfte Robert Köck dazu veranlasst haben, die Fenster der Pfarrkirche St. Andreas in Gisingen eher erzählerisch-figürlich zu gestalten - im Unterschied zu den Fenstern der Benediktinerabteikirche in Tholey, für die er das Thema der Gottesmachtzeichen in eine symbolischabstrakte  Bildsprache übertrug. Gemeinsam ist den Fensterbildern beider Kirchen die Beschränkung auf wenige Farben und die Auffassung, mehrteilige Fenster als eine einzige Bildffläche aufzufassen und die unterteilenden Maß - und Stabwerke zu überlaufen.

 

Bildergalerie

 

 

 

 

 

 

(Text: Oranna Dimmig)
Auszüge jeweils aus Kunst-Lexikon Saar (Broschüre 2010)
Kunstort Katholische Pfarrkirche St. Andreas Gisingen
Kirche St. Andreas in Gisingen

Fotos im Text von Christine Müller

Wir haben einen Weblink zum Kunstlexikon Saar als Quelle der vorgenannten Texte in unserer Übersicht Übersicht Weblinks Gisingen-Tourismus zur Verfügung gestellt.

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